“RCS sichert die Überlebensfähigkeit des Baumwollanbaus.“
Interview mit Vijay Shah über die Herausforderungen im Baumwollanbau in Indien
Juni 2024 – Mit der Vijay Cotton & Fibre Co. LLP steht dem Regenerative Cotton Standard (RCS) zu seinem Start ein erfahrener Partner auf dem indischen Baumwollmarkt zur Seite. Im Interview erklärt Gesellschafter Vijay Shah, vor welchen Herausforderungen der Baumwollanbau in Indien steht und wie der RCS die Situation der Baumwollbäuer*innen nachhaltig verbessern kann.
Herr Shah, weltweit ist die Situation im Baumwollanbau alles andere als einfach. Wie würden sie die Lage in Indien beschreiben?
Die Baumwollbäuer*innen in Indien sind mit verschiedensten Herausforderungen konfrontiert. Schwankende Marktpreise und unvorhersehbare Kreditsituationen machen es ihnen schwer, effektiv zu planen und in ihre Farmen zu investieren. Hinzu kommt: Die Baumwollbäuer*innen bauen ununterbrochen Baumwolle an, ohne eine angemessene Fruchtfolge einzuhalten und den Boden zu schützen. Das führt zur Bodendegradation und dem Verlust von Fruchtbarkeit und Erträgen. In der Summe zwingen diese Herausforderungen die Baumwollbäuer*innen in einen Teufelskreis aus geringeren Erträgen und anhaltender Schuldenlast.
Wie schätzen Sie die Konsequenzen des Klimawandels für Indien ein?
Leider führen die sich verändernden Klimamuster zu Wasserknappheit oder übermäßigem Niederschlag. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Bewässerung, es wird immer schwieriger, die optimale Bodenfeuchtigkeit für den Baumwollanbau zu erhalten. In Regionen, in denen es unregelmäßig regnet und die Bewässerungsmöglichkeiten begrenzt sind, stellt die Wasserknappheit ein großes Problem für den Baumwollanbau dar.
Wie schwierig ist es für die Baumwollbäuer*innen damit umzugehen?
Die Herausforderungen dürfen nicht unterschätzt werden. Der Klimawandel könnte die Baumwollbäuer*innen dazu zwingen, den traditionellen Erntekalender umstellen zu müssen. Um sich dem Klimawandel anzupassen, kann es beispielsweise erforderlich werden, die Zeiten für die Aussaat anzupassen oder Sorten anzubauen, die resistent gegen Dürre sind.
Können Sie die Folgen erläutern, die daraus resultieren?
Leider beobachten wir, dass gerade Kleinbäuer*innen, die ohnehin aufgrund sozioökonomischer Faktoren vulnerabel sind, den Auswirkungen des Klimawandels deutlich stärker ausgesetzt sind. Sie leiden unter Missernten, Schulden und Nahrungsknappheit.
Reagieren die Baumwollbäuer*innen in Indien darauf?
Ja, natürlich reagieren sie darauf. Sie wenden zunehmend klimafreundliche landwirtschaftliche Praktiken an. So fangen sie beispielsweise Regenwasser auf, achten auf eine Diversifizierung der Pflanzen, die angebaut werden, und nutzen Agroforstwirtschaft, um die negativen Auswirkungen abzumildern, die der Klimawandel auf ihre Existenzgrundlage hat.
Vor dem Hintergrund der geschilderten Entwicklung wurde der Regenerative Cotton Standard (RCS) entwickelt. Ziel ist es, Kleinbäuer*innen zu helfen durch integrierten Anbau die Folgen des Klimawandels besser zu bewältigen. Warum haben sie sich dazu entschieden, als erster indischer Partner dem RCS beizutreten?
Die Vijay Cotton & Fibre Co. LLP hat erkannt, wie wichtig es ist, nachhaltige Methoden im Baumwollanbau zu fördern, um die Umweltbelastung zu minimieren und eine langfristige Überlebensfähigkeit zu unterstützen. Uns war schnell klar, dass die Ziele des RCS mit unseren übereinstimmen, um den Klimawandel zu bekämpfen und Nachhaltigkeit zu fördern. Außerdem kann die Partnerschaft mit RCS die Transparenz innerhalb unserer Lieferkette erhöhen, sodass wir die Herkunft unserer Baumwolle zurückverfolgen und sicherstellen können, dass sie nach nachhaltigen und ethischen Standards produziert wird.
Welche Maßnahmen führen sie ein, um den RCS in Indien umzusetzen?
Wir sind mit lokalen Baumwollbäuer*innen und Gemeinschaften im Kontakt, um ein Bewusstsein für die Vorteile regenerativer Landwirtschaft zu schaffen und die Umsetzungsinitiativen des RCS zu unterstützen. Wir schulen indische Baumwollbäuer*innen darin, die im Regenerative Cotton Standard beschriebenen Praktiken der regenerativen Landwirtschaft umzusetzen, indem wir ihnen kontinuierlich technische Unterstützung anbieten und die nötigen Ressourcen zur Verfügung stellen. Außerdem werden wir mit lokalen Partnern zusammenarbeiten, um regenerativ erzeugte Baumwolle in unsere Lieferkette zu integrieren und dabei die Rückverfolgbarkeit und Einhaltung der RCS-Kriterien und -Grundsätze sicherzustellen.
Und wie hilft der RCS den Kleinbäuer*innen dabei, Baumwolle nachhaltig anzubauen und den Klimawandel einzudämmen?
Der Regenerative Cotton Standard fördert nachhaltige landwirtschaftliche Methoden für den Baumwollanbau. Er legt den Schwerpunkt auf regenerative Anbaumethoden, die darauf abzielen, die Gesundheit der Böden und die Biodiversität wiederherzustellen. Indem die Bodenqualität verbessert wird, kann der regenerative Baumwollanbau die Kohlenstoffbindung erhöhen und somit den Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre verringern. Dadurch trägt er dazu bei, den Klimawandel einzudämmen. Der Standard fördert zudem eine geringere Abhängigkeit von synthetischen Düngemitteln und Pestiziden, die zur Entstehung von Treibhausgasemissionen beitragen.
Bietet der Standard den Bäuer*innen Vorteile, die über den regenerativen Baumwollanbau hinausgehen?
Ja, natürlich tut er das. Die Verifizierung nach dem Regenerative Cotton Standard ermöglicht indischen Baumwollbäuer*innen den Zugang zu Premium-Märkten, die auf Nachhaltigkeit Wert legen, und erhöht damit ihre Einkommens- und Marktchancen. Der Standard stärkt häufig auch das gemeinschaftliche Engagement und Empowerment, fördert kooperative Initiativen unter den Bäuer*innen und unterstützt die lokale Wirtschaft.
Wie schätzen sie die zukünftige Rolle des RCS im Baumwollanbau in Indien ein?
Mit Blick auf die Zukunft sollte man einen Punkt besonders hervorheben: Durch die Fokussierung auf ganzheitliche Anbaumethoden, die die Ökosysteme regenerieren, sichert der RCS nicht weniger als die langfristige Überlebensfähigkeit des Baumwollanbaus in Indien. Der Regenerative Cotton Standard hilft dabei, Lebensgrundlagen zu erhalten und unsere natürlichen Ressourcen für die nächsten Generationen zu bewahren.
Über den Regenerative Cotton Standard (RCS):
Der von der Aid by Trade Foundation (AbTF) entwickelte Regenerative Cotton Standard® (RCS) ist ein freiwilliger Standard für Baumwolle, die von kleinbäuerlichen Betrieben mithilfe regenerativer Anbaumethoden kultiviert wird. Mit dem Regenerative Cotton Standard (RCS) soll die allgemeine Resilienz und Produktivität des kleinbäuerlichen Anbaus verbessert und zugleich ein Mehrwert für landwirtschaftlich genutzte Böden, ländliche Gemeinschaften, Biosphäre und die Lebensqualität von Nutztieren geschaffen werden. Um diese Ziele zu erreichen, bezieht sich der RCS auf das gesamte Produktionssystem und nicht nur auf die Baumwolle selbst. Erfahren Sie mehr unter: regenerativecottonstandard.org.