Logo

„Die Prinzipien des RCS stehen im Einklang mit den Grundwerten der indischen Bäuerinnen und Bauern“

 

DR. KESHAV KRANTHI Leitender Wissenschaftler, International Cotton Advisory Committee (ICAC)

Mit seinen 32 Jahren Erfahrung als Baumwollwissenschaftler ist Dr. Keshav Kranthi eine Koryphäe auf seinem Fachgebiet. Mit seinem fundierten Wissen gibt er Einblicke in die regenerative Landwirtschaft und erlaubt einen Ausblick auf den neuen Regenerative Cotton Standard.

Worin liegt der wesentliche Unterschied zwischen regenerativer Landwirtschaft und anderen nachhaltigen Ansätzen?

Regenerative Landwirtschaft unterscheidet sich von anderen nachhaltigen Methoden, wie dem ökologischen Landbau und der Permakultur, dadurch, dass sie aktiv zur Verbesserung der Bodengesundheit und der Funktionen des Ökosystems beiträgt, statt sie lediglich zu erhalten. Dieses neue Konzept gewinnt zunehmend an Bedeutung, weil es die organische Substanz wie auch das Leben im Boden verbessert und so eine Bindung von Kohlenstoff bewirkt, die bekanntlich dem Klimaschutz dient. Konkret zielt die regenerative Landwirtschaft darauf ab, Böden ganzheitlich regenerieren zu lassen und durch die verbesserte Bodengesundheit die Artenvielfalt zu erhöhen sowie die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme zu steigern. Dies geschieht durch Praktiken, die die Kohlenstoffbindung unterstützen, wie zum Beispiel pfluglose Bodenbearbeitung, bodenbedeckende Kultivierung, Fruchtwechsel und Anbau vielfältiger Früchte, Kompostierung und organische Zusätze, organisches Mulchen, nachhaltiges Weidemanagement und die Integration von Agroforstwirtschaft.
Ökologische Landwirtschaft hingegen konzentriert sich eher darauf, Kunstdünger durch natürliche zu ersetzen und die biologische Vielfalt auf betrieblicher Ebene zu fördern, ohne zwingend das darüber übergeordnete Ökosystem zu bereichern. Im Gegensatz dazu beinhaltet die regenerative Landwirtschaft zwar auch ökologische Prinzipien, geht aber einen Schritt weiter und revitalisiert ganze Ökosysteme, um ein resilientes landwirtschaftliches System zu schaffen.

Wie lässt sich das Konzept der regenerativen Landwirtschaft durch kleinbäuerliche Baumwollproduzierende umsetzen?

Kleinbäuerliche Betriebe, insbesondere in Indien und Afrika, sind vermutlich offen für regenerative Landwirtschaft, da sie seit langem traditionelle Anbaumethoden wie Fruchtwechsel, manuelle Unkrautbekämpfung oder natürliche Schädlings- und Krankheitsbekämpfung anwenden. Gleichwohl gibt es auch eine Reihe von Herausforderungen, darunter die begrenzte Verfügbarkeit von Saatgut, das nicht gentechnisch verändert wurde, sowie Schwierigkeiten bei der Herstellung oder Beschaffung von hochwertigem Kompost oder beim ganzjährigen Erhalt von Deckfrüchten, insbesondere in Gebieten, die von Niederschlägen abhängig sind. Außerdem müssten die Betriebe von synthetischen Pestiziden wieder auf traditionelle, natürliche Schädlings- und Krankheitsbekämpfung umsteigen.

Lässt sich ganz allgemein festhalten, dass regenerative Landwirtschaft besser für das Klima ist als andere Anbaumethoden?

Wegen ihres potenziellen Nutzens für das Klima wird regenerative Landwirtschaft oft positiv beurteilt. Dies liegt vor allem an den genannten Praktiken, die zu einer Erhöhung des Anteils an organischer Substanz im Boden und damit zu einer gesteigerten Kohlenstoffbindung beitragen. Das ist ein ganz entscheidender Faktor beim Klimaschutz. Ökologische Landwirtschaft konzentriert sich dagegen weniger auf die Maximierung der Kohlenstoffbindung, und das vorrangige Ziel der syntropischen Landwirtschaft ist nicht der Klimaschutz, sondern die Schaffung eines sich selbst erhaltenden Systems. Im Vergleich zu anderen Methoden kann man also sagen, dass regenerative Landwirtschaft mit ihrem besonderen Schwerpunkt auf der Revitalisierung organischer Bodensubstanz und der Wiederherstellung der Artenvielfalt ein großes Potenzial für den Klimaschutz besitzt.

Wie werden Ihrer Meinung nach die indischen Baumwollbäuer*innen auf den neuen Regenerative Cotton Standard reagieren?

Im Allgemeinen schätzen indische Bäuerinnen und Bauern natürliche Anbaumethoden, weil diese ein wesentlicher Teil der alten landwirtschaftlichen Traditionen ihres Landes sind. Die Hauptprinzipien der regenerativen Landwirtschaft orientieren sich an diesen uralten Praktiken und nutzen wissenschaftliche Erkenntnisse zu deren Optimierung, um ein nachhaltiges landwirtschaftliches System zu schaffen, das eine kontinuierliche Regeneration fördert, ohne die Produktivität zu beeinträchtigen.
Der neu eingeführte Regenerative Cotton Standard (RCS) verknüpft dieses uralte Wissen mit wissenschaftlichem Fortschritt, verantwortungsvollem Handeln und der Einbeziehung der bäuerlichen Gemeinschaften. Die Prinzipien des RCS stehen im Einklang mit den Grundwerten der indischen Bäuerinnen und Bauern. Entscheidend ist jedoch, dass diese regenerativen Praktiken sorgfältig auf die spezifischen lokalen landwirtschaftlichen Praktiken und die einzigartigen agro-ökologischen Bedingungen in Indien zugeschnitten und standardisiert werden.

Kontaktieren Sie uns